Flucht aus dem Alltag





„Pack die Koffer ein, der Rest kommt von allein, an diesem Ort wo selbst bei Regen noch die Sonne scheint.“

Tja. Die Koffer haben wir gepackt. Und jetzt sind sie wieder leer. Wie schnell sind denn bitte diese 2 Wochen vergangen? Schon ist es wieder an der Zeit, zurückzublicken.
Dank unserem Blog Team haben Sie ja bereits einen ziemlich detaillierten Eindruck von dem gewonnen, was so täglich bei uns auf der Agenda stand. Zum Abschluss möchte ich einmal einen Blick auf das werfen, was nicht so richtig greifbar ist.
Ich kann dabei natürlich nur aus meiner Sicht schreiben, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass viele von euch ähnliche Gefühle haben.

Ich kann nicht glauben, dass die 2 Wochen schon rum sind. Und eigentlich will ich das gar nicht schreiben. Das klingt wie ein Sänger bei einem Konzert, der sagt: "Ihr seid das geilstes Publikum der Welt". Ja sicher. Aber dennoch sage ich es. Weil ich es tatsächlich so meine. Nach mittlerweile 9 Jahren im Betreuerteam kann ich für mich sagen: 2019 war das geilste Jahr. Und woran das liegt, ist schwer zu erklären. Ich habe oft gesagt: Es sind die kleinen Momente, die Ameland ausmachen. Und natürlich unterschreibe ich das immer noch, aber in diesem Jahr waren auch so viele große Momente dabei. Die schwere Verletzung von Kai 2 Wochen vor dem Lager und dann die Nachricht, dass er doch mitfahren kann. Die spontane Zusage von Marvin, das Comeback von Ralf, die traumhafte Robbenfahrt mit einem Schiff nur für uns und einer Anlandung am Strand, die Lagerfeuer am Abend und so viel mehr.

So richtig bin ich noch nicht wieder im Alltag angekommen. Und ich verstehe, wenn sie das alles als kitschig und übertrieben abtun. Aber mir ist klar, dass jeder, der Teil dieser Freizeit sein konnte, diese Gefühle nachvollziehen kann. Die letzten Wochen vor der Freizeit habe ich kein Wort so häufig benutzt wie "Ameland". Und dabei ist mir so manches Augenrollen nicht entgangen, aber das war mir so egal. Weil Ameland mehr ist, als 2 Wochen Freizeit. Mehr als nur ein bisschen Programm vorbereiten und Spaß haben. Noch heute rede ich über Dinge, die vor mehreren Jahren auf Ameland passiert sind mit Leuten, die damit gar nix am Hut haben. Einfach weil mich jede Freizeit aufs Neue prägt.

Es ist unglaublich, wie viel Herzblut und Freizeit jeder Einzelne in diese 2 Wochen investiert. Was für ein unglaublicher logistischer Aufwand dahinter steckt, unzählige Paletten mit Material auf die Insel zu bekommen und vor Ort das Haus komplett umzubauen. Und am unglaublichsten ist es, wie viele Jahre die Kinder teilweise schon mitfahren und dem Lager ihren eigenen Stempel aufdrücken.

Natürlich steht die Zeit mit den Kindern absolut im Vordergrund. Aber wir Betreuer machen das Ganze auch wegen der gemeinsamen Abende und Nächte. Nirgendwo sonst bekommt man die Chance, sich mit so vielfältigen Menschen über so vielfältige Dinge zu unterhalten. Das Team ist so unterschiedlich, dass genau dieser Umstand uns alle so zusammenschweißt. Niemand braucht sich verstellen, jeder wird so geliebt und gebraucht wie er ist. Auch das klingt nach einer Floskel, aber scheinbar stecken hinter diesen Floskeln eine Menge Wahrheit. Und ich glaube, dass nehmen die Kinder auch mit nach Hause. Vielleicht nicht der schönste, aber einer der wichtigsten Momente für mich: Ein Stuhlkreis mit 80 Kindern, welche alle einzeln einen Apfel beleidigen, mit dem Nadia durch den Stuhlkreis geht. Daneben ein Apfel, der nur Komplimente von den Kindern erhält. Am Ende werden beide Äpfel aufgeschnitten. Während der mit Komplimenten überhäufte Apfel noch frisch aussieht, ist der beschimpfte voller brauner Flecken im Inneren. Und das, obwohl äußerlich beide genau gleich aussehen. Ich hoffe wirklich, dass diese Botschaft bei den Kindern angekommen ist. Denn was wäre diese Welt, wenn alle gleich wären oder nur den stärksten hinterherlaufen würden.

Natürlich gab es trotzdem Streitigkeiten, das bleibt bei so vielen Menschen auf so engem Raum einfach nicht aus. Aber da war nichts, was man nicht lösen konnte. Ich finde es ehrlich beeindruckend, dass gerade die Kinder, die schon so lange dabei sind, so viel über den Umgang mit anderen Kindern gelernt haben. Bleibt bitte so, und lasst euch nie mitreißen, andere Kinder zu ärgern. Das ist es in keiner Hinsicht wert.

So sehr ich diese Freizeit genossen habe und obwohl ich weiß, dass in ein paar Wochen alles wieder im Normalzustand ist: Jetzt gerade, in diesem Moment, tut es irgendwie weh. Weil ich genau weiß, dass es ein unfassbar langes Jahr dauern wird, bis das geordnete Chaos wieder Teil des Alltags sein wird. Wenn mir Freunde vor der Freizeit einen schönen Urlaub gewünscht haben, habe ich immer gesagt: „Das ist doch kein Urlaub“. Aber irgendwie ist es das doch. Nicht für den Körper, aber für die Seele. In diesen 15 Tagen ist einfach nichts anderes wichtig. Und wenn ich am Ende diese Freude und Dankbarkeit in den Augen der Kinder sehe, wenn ich ihre lieben Kommentare unter den Blogs lese, wenn ich sehe, dass die Betreuer nach der Ankunft direkt wieder gemeinsam losziehen, dann weiß ich: Das ist so viel wichtiger als ein paar Stunden mehr Schlaf. Ameland ist für mich eine Flucht aus dem Alltag.

Und obwohl es gerade weh tut, weiß ich: Schon bald gibt's das Nachtreffen, die Weihnachtsfeier und dann geht's schon wieder los mit der Vorbereitung. Und noch nie habe ich mich so sehr darauf gefreut, wie nach diesem Jahr.

Ihr alle, alle Kinder, alle Betreuer, das ganze Küchenteam, ihr macht es mir so leicht Ameland so zu sehen wie ich es sehe: Nicht als Aufgabe, sondern als Teil meines Lebens.

Mit Fernweh
Niklas

Kommentare

  1. Und genau deswegen....wegen eurem Herzblut.....ist diese Ameland Freizeit das, was sie ist.
    Es gibt 100e Ameland Freizeiten....aber meine Kinder werden niemals bei einer anderen mitfahren als bei euch.
    Ihr seid ein tolles Team.
    Und es ist für euch nicht nur eine Freizeit sondern ein Teil eures Lebens. Und das spürt man. Und genau deswegen seid ihr so gut in dem was ihr da macht.
    Es steckt so viel Liebe in dem was ihr da tut.
    Daher danke.
    Für die tollen Freizeiten die unsere Kinder bereits hatten und auch schonmal für die kommenden.....danke dir Niklas, toller Text....

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  2. Hallo zusammen....

    Vielen Dank für die tolle Zeit, die unvergesslichen Erlebnisse die neuen Erfahrungen und vieles mehr.....
    Für Emma steht fest, das sie nächste Jahr auf jeden Fall wieder dabei seihen möchte und das soll was heißen 😀

    Danke an das komplette Team, den täglich Blog mit den tollen Fotos.....

    Der Text ist wundervoll geschrieben, auch hierfür vielen Dank für soviel ❤

    Lg bis zum nächste Mal....
    Katja und Marco Schellöh

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